C2C im Bau: Orientierung für Kommunen

1 Cradle to Cradle – Bauen mit Mehrwert

Grafik Straße und Stadt

In diesem Leitfaden möchten wir eine neue Perspektive auf unsere gebaute Umwelt öffnen. Wir wollen Potenziale und Lösungen für eine kommunale Entwicklung anbieten, die von Cradle to Cradle (C2C) inspiriert ist und über das Streben nach Klima- oder Energieneutralität hinaus geht. Statt nur weniger schlecht zu sein, entfalten C2C-inspirierte Gebäude ihren Nutzen über ihre Kernfunktion hinaus. Sie sind gesund für die Menschen, die ökologische Umwelt und bieten der gesamten Kommune einen Mehrwert. Der Fokus liegt in diesem Leitfaden auf dem Bau von Gebäuden. Grundsätzlich treffen die hier beschriebenen Prinzipien, Kriterien und Prozesse auch auf alle anderen Bauvorhaben zu.

In den vergangenen Jahren wurde bereits vieles zum Thema Cradle to Cradle im Baubereich erarbeitet; sowohl in Leitfäden und wissenschaftlichen Studien, als auch durch die praktische Umsetzung beispielgebender Bauvorhaben. In diesem Leitfaden beziehen wir uns auf diese Arbeiten und führen gewonnene Erkenntnisse zusammen.

Warum Cradle to Cradle die Zukunft des Bauwesens sichern kann

Das Bauwesen ist der ressourcen- und müllintensivste Wirtschaftssektor. In Deutschland verursacht das Bauwesen dem Umweltbundesamt zufolge 54,7 % des gesamten jährlichen Müllaufkommens – insgesamt sind das rund 209 Mio. Tonnen, die unter anderem durch Bauschutt und Abbruchmüll entstehen. Alleine in Deutschland werden laut dem Zentrum für Ressourceneffizienz jährlich 517 Mio. Tonnen mineralischer Rohstoffe verbaut. Das entspricht 90% der gesamten inländischen Entnahme. Auch der jährliche Einsatz an Baustahl (5,5 Mio. Tonnen) und Zement (26,6 Mio. Tonnen) ist erheblich und führt dazu, dass der deutsche Gebäudebestand inzwischen schätzungsweise 15 Mrd. Tonnen Material umfasst.

Abbildung 1: Ressourcen im Bauwesen
Abbildung 1: Ressourcen im Bauwesen

Gleichzeitig steigt der Bedarf an Wohn- und Arbeitsraum in Städten und Gemeinden weltweit. Effizienzmaßnahmen reichen vor diesem Hintergrund längst nicht aus, um den enormen Ressourcenbedarf der Branche zu decken. „Nachhaltigkeit‟ im Bausektor kann daher nicht auf Energieeffizienz beschränkt sein, sondern muss bedeuten, dass vorhandene und neue Materialien in geschlossenen Ressourcenkreisläufen zirkulieren. Ein weiterer Schwerpunkt von Cradle to Cradle ist der Fokus auf gesunde, humantoxikologisch unbedenkliche Materialien, um die Lebensqualität von Gebäudenutzer*innen zu steigern. Für den Bausektor ist diese Form des zirkulären Bauens nach Cradle to Cradle eine große wirtschaftliche Chance. Die Unternehmensberatung McKinsey geht davon aus, dass eine geschlossene Circular Economy die Produktivität der europäischen Wirtschaft bis 2030 um 3% steigern kann und dabei mit Kostenersparnissen von jährlich 600 Mrd. Euro sowie einem ökonomischen Mehrwert von 1.800 Mrd. Euro einhergeht.