Nachdem der Bedarf und die Ist-Situation erfasst sind und die Projektziele definiert wurden, geht es in der Planung (HOAI LPH 2 bis 5) um die konkrete planerische Umsetzung der festgelegten Ziele. Diese wird vom Planungsbüro durchgeführt. Die Kommune hat ab diesem Schritt immer weniger Einfluss. Ihre Vertreter*innen sollten daher vorab die richtigen Weichen für die Planung stellen um zu gewährleisten, dass die vereinbarte Vision und die Zielsetzungen als zentrale Leitlinie des Projektes in die Planung überführt werden.
Die im Projekt für C2C verantwortliche Person sollte den Planungsprozess begleiten und C2C als leitendes Konzept sicherstellen – also eine Art „C2C-Controlling“. Sie sollte auch in den Jour Fixe der Fachplanung eingebunden sein, um diese aus C2C-Perspektive zu bewerten. Bauherr*innen sollten zum Ende der Vor- und Entwurfsplanung einen Zwischenbericht einfordern, der die Integration von C2C hervorhebt und sicherstellt. Darin sollten auch eventuelle höhere Investitionskosten für C2C-Elemente mithilfe einer vollständigen Bilanzierung des gesamten Nutzungszyklus begründet werden sowie Kosteneinsparungen dargestellt werden. Derzeit gibt es noch keine schematischen Tools für eine Nutzungszyklusanalyse nach Cradle to Cradle. Eine Analyse der Lebenszykluskosten oder die Erstellung einer Ökobilanz sind daher als Basis oder erster Schritt eine Alternative. Jedoch reichen beide Instrumente nicht aus, um den C2C-Mehrwert umfassend in die Bilanzierung einzubeziehen. In einer Ökobilanz spielt beispielsweise die Kreislauf- und Recyclingfähigkeit von Materialien keine Rolle. Bei einem C2C-inspirierten Bau gehört diese Eigenschaft jedoch zu den Kernelementen.
Die zuvor mit allen Projektbeteiligten festgelegten konkreten C2C-Ziele fließen nun in die Planung an. Wir gehen an dieser Stelle insbesondere auf die Aspekte der Materialauswahl und der kreislauffähigen Planung ein, da sie den Kern von C2C im Baukontext bilden. Weitere in diesem Schritt zu beachtende Aspekte sind die digitale Dokumentation über Materialpässe, die Schaffung von Mehrwerten und der kollaborativen Planungsprozess.
Die Materialauswahl spielt im C2C-Konzept eine zentrale Rolle. Neben dem reinen Materialwissen geht es dabei auch um das Verhalten und die (Wechsel-) Wirkungen verschiedenen Materialien im jeweiligen Nutzungsszenario. Je nach Standort, Anforderungen an das Gebäude und Kostenrahmen unterscheiden sich die Materialien, die für das Bauvorhaben in Frage kommen. Im Sinne von C2C sind jedoch stets die Materialgesundheit, Kreislauffähigkeit und die Ökobilanz der Materialien wesentlich. Das bedeutet, dass ein funktional geeignetes Material beispielsweise aufgrund einer unzureichend definierten Materialgesundheit oder Kreislauffähigkeit kritisch betrachtet und nach Alternativen gesucht werden sollte. Diese Vorauswahl der Materialien ist die Grundlage für die weitere Planung. Das Kriterium der Kreislauffähigkeit setzt voraus, dass die Materialien und Bestandteile am Ende ihrer Nutzungsdauer rückbaubar und sortenrein trennbar sind, damit sie wieder in den biologischen Kreislauf gehen können oder im technischen Kreislauf rezykliert werden können.
In der Regel werden die Materialien recht früh von Bauherr*in und Architekt*in vorgegeben oder vorgeschlagen. Das kann bei C2C-inspirierten Projekten anders ablaufen. Denn wenn die Materialauswahl von der*m C2C-Verantwortlichen, gegebenenfalls mit Unterstützung eines*r Baubiologi*n geleitet wird, kommen Kriterien ins Spiel, die von Bauherr*in oder Architekt*innen möglicherweise nicht berücksichtigt werden. Im Austausch mit allen Projektbeteiligten kann hier eine möglicherweise vorgesehene Nachhaltigkeitszertifizierung ein Argument gegenüber Bauherr*in und Architekt*innen sein. So wird eine recyclingfreundliche und rückbaubare Baustoffauswahl beispielsweise im DGNB-System positiv bewertet.
Es gibt Baustoffe und Materialien am Markt, die C2C-zertifiziert sind. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Materialien, die auch ohne Zertifikat ganz oder teilweise die Anforderungen von C2C erfüllen. Während die zertifizierten Produkte anhand des Siegels erkennbar sind, sind geeignete nicht-zertifizierte Produkte schwieriger zu identifizieren. Mit einer für die Umsetzung von C2C verantwortlichen Person und/oder einem*einer Materialexpert*in im Team lässt sich diese Lücke aber pragmatisch schließen. Es ist sinnvoll, für die Material- und Produktauswahl im Projekt Kriterien zu definieren. Eine Entscheidungsgrundlage zur Materialauswahl können beispielsweise C2C-Mindestanforderungen, C2C-No-Gos, die ABC-X- Methode oder die Cradle to Cradle Certified®-Kriterien sein. Der Nachweis von C2C- oder gleichwertigen Qualitäten bei der Materialauswahl kann beispielsweise in eine DGNB-Zertifizierung positiv eingehen.
Neben der Materialauswahl ist der Umgang mit dem Material und Einbau der Produkte durch die Gewerke im Sinne von C2C entscheidend. Er muss reversibel und sortenrein trennbar erfolgen. Nach C2C werden beispielsweise Böden lose verlegt oder geklemmt statt verklebt, Fenster verschraubt statt verschäumt und Leitungen in öffenbaren Hohlräumen oder Aufputz statt unter Putz verlegt.
Kreislauffähiges Bauen nach C2C heißt, dass definierte, kreislauffähige Materialien eingesetzt werden und am Nutzungsende im technischen Kreislauf rezykliert oder in der Biosphäre biologisch abgebaut werden. Die Reversibilität und sortenreine Trennbarkeit der Bestandteile muss also gewährleistet und daher schon in der Planung gesichert werden. Die Rückbaubarkeit des gesamten Gebäudes kann sichergestellt werden, indem reversible Verbindungen sowie modulare Komponenten eingesetzt werden. Dadurch kann das Gebäude schnell und flexibel an geänderte Nutzungsanforderungen angepasst werden, am Ende der Nutzungsdauer wird der Rückbau erleichtert und der Rückgewinn der Material- und Restwerte wird möglichst ohne Qualitätsverluste ermöglicht. Darüber hinaus können so auch Stoffe, die sich zu einem späteren Zeitpunkt als ungeeignet herausstellen – etwa weil eine Gesundheitsschädlichkeit nachgewiesen wird – bei Bedarf wieder ausgetauscht werden. Die C2C-Qualitäten der Rückbaubarkeit, Demontagefähigkeit und sortenreine Trennbarkeit von Bauteilen können unter anderem im DGNB-Zertifizierungssystem nachgewiesen werden.
In der Regel erfolgt die Planungsberatung durch ein Architekturbüro und die Ausführung durch ein Bauunternehmen oder mehrere ausführende Unternehmen. Um gute ineinandergreifende und sich ergänzende Lösungen zu entwickeln, ist die frühzeitige Einbindung der Gewerke empfehlenswert. Etwa indem die ausführenden Unternehmen schon in die ersten Planungsschritte (ab HOAI LPH 2) eingebunden werden (siehe auch Abbildung 9). Da die Ausschreibung, Vergabe und Beauftragung für die Ausführung erst nach Abschluss der Planung erfolgen, sind – trotz früher Einbeziehung ausführender Unternehmen – das in der Planung beratende und das letztlich den Auftrag ausführende Unternehmen oft nicht deckungsgleich. In diesem Fall kann die Beratung durch ausführende Unternehmen in der Planungsphase mit einem Beratungsvertrag abgewickelt werden.
Bei Bauprojekten im Bestand können und sollten vorhandene Komponenten, die wiederverwendet und erhalten werden können, als Teil der Identität des Gebäudes gezielt in das Gestaltungskonzept aufgenommen werden. Wiederverwendete Baustoffe aus anderen Rückbaumaßnahmen können über Baustoffbörsen oder Materialdatenbanken bezogen werden. Für den Einstieg in kreislauffähiges Planen können die Leitfragen aus dem Projekt München2020 hilfreich sein. Diese Leitfragen richten sich an Planer*innen und Bauherr*innen. Sie sollen zur Orientierung und als Hilfestellung in der Planung dienen, vor allem in frühen Planungsstadien, um das Projekt von Anfang an kreislaufgerecht zu denken.‟ Weitere Hilfestellungen und Informationsquellen dafür enthalten die Infoboxen 4 und 5.
Infobox 5 – Produktplattformen, Marktplätze, Bauteilbörsen
C2C zertifizierte Produkte
Weitere Plattformen für zirkuläre Baumaterialien (nicht zwingend C2C)
*Dies ist eine Sammlung von Beispielen. Kontaktieren Sie gerne C2C NGO bezüglich weiterer Anbieter, die in diese Liste aufgenommen werden sollten.
Diese Handreichung ist ein Projekt von Cradle to Cradle NGO und der Nordakademie-Stiftung.
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